Als junger Schmock war mein Berufswunsch Autodrom-Ausparker. Einer von diesen verwegenen Fahrgeschäftlern werden, die tollkühn auf die stehenden Stromschiffchen springen und allzu zögerlichen Fahrgästen von hinten über die Arme greifen, um so das Gefährt behände aus der Parklücke zu reversieren. Eine Hand am Lenkrad, eine an der Fahnenstange und die engen Bluejeanstaschen prall gefüllt mit Jetons. Ruhepuls: 60 Schläge pro Minute. Im Hintergrund pumpt „Tarzan Boy“, „Vamos a la Playa“ oder irgendein anderer Italo-Disco-Hit. Die Ausparker waren für mich die verruchten Prinzen der modernen Unterhaltungsindustrie.
Kleiner biografischer Spoiler: Aus der schaustellerischen Glamour-Karriere wurde nichts. Ist im Nachhinein vielleicht auch gut so. It’s a young man’s game after all. Will heißen: Es gibt mit Sicherheit würdevollere Möglichkeiten beruflich zu altern, als mit Ende 40 am Rummelplatz von Autoscooter zu Autoscooter zu hüpfen.
Trotz dieses beruflichen Reifenplatzers ist mir die Liebe zum Autodrom geblieben wie ein chronisches Peitschenschlagsyndrom. Wenn ich heute im Wiener Prater an den einschlägigen Fahrgeschäften vorbeigehe, schießt mir der fabulöse Autodrom-Lifestyle sofort in die Glieder. Es riecht wie damals. Nach Zuckerwatte, nach Billigparfüm, nach Hubba Bubba Kirsche, nach Karambolage, nach Clerasil, nach elektrischem Knistern und nach sexuellem Erwachen. Nur die Musik ist ein bisschen neuer. Und die Ausparker sehen so unverschämt jung aus. Was ist passiert? Waren die früher nicht alle viel älter als ich?
Ach Autodrom, Du ewig junge, ewig wilde Trash-Muse, wo sind all die Jahre hin?