Graz ist meine Stadt. Hier bin ich aufgewachsen. Hier habe Ich knapp 28 Jahre lang gelebt. Hier leben meine Eltern heute noch. Ebenso viele meiner ältesten Freundinnen und Freunde. Mit keinem anderen Ort auf der Welt verbinde ich so viele Erinnerungen wie mit Graz. Fantastische und weniger fantastische. Graz ist für mich die kleinste Großstadt der Welt. Oder die größte Kleinstadt der Welt.
weiterlesenIch eröffne diese Belehrung mit einer erschütternden biografischen Beichte: Ich kenne immer mehr Menschen, die in Ihrer Freizeit fast ausschließlich übers Essen reden. Als ich unlängst einen Freund ins Vertrauen zog und ihm von diesem Phänomen berichtete, nickte dieser wissend und meinte, dass es sich dabei um eine normale Alterserscheinung handle. Wenn der Freundeskreis langsam vergreist, so seine Logik, verschiebe sich vor allem bei Männern das Interesse vom sexuellen hin zum kulinarischen Abenteuer. Die Gaumenfreude als Fortsetzung der Lendenfreude mit anderen Mitteln? Mich hinterließ diese Erklärung unbefriedigt. Zumal ich auch einige sehr junge Menschen kenne, die diese obsessive Beschäftigung mit Essen auf eine sehr beunruhigende Art auf die Spitze treiben. Sie pflastern ihre Social Media-Auftritte mit Fotos von Selbstgekochtem zu.
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Das österreichische Bundesland Steiermark hat am Sonntag gewählt. Weil ich einst in der Landeshauptstadt Graz aufgewachsen bin, habe ich mich hinreißen lassen, ein paar Buchstaben zum Thema sinn- und kunstvoll zu kombinieren. Glauben Sie mir: Gerne mache ich das nicht. Wahlanalysen. Alleine das Wort Nein, über österreichische Innenpolitik zu schreiben ist meist eine totlangweilige Angelegenheit. Es ist sicher kein Zufall, dass der Begriff Urne nicht nur einen Behälter für Stimmzettel meint, sondern eben auch ein Gefäß zur Aufbewahrung von sterblichen Überresten
weiterlesenSeit es das Internet gibt, schwindet die Zahl der Zeitungsleser kontinuierlich. So weit, so bekannt. Der Verzicht auf das bedruckte Papier drückt aber auch auf den Horizont des Lesers. Das behaupten zumindest Experten. Die Argumentation der fortschrittsskeptischen Medientheoretiker geht so: Wer eine Zeitung durchblättert, bekommt eine Kessel Buntes serviert. So wird er mehr oder weniger unfreiwillig mit Themen konfrontiert, die nicht unbedingt seinen Kerninteressen entsprechen. Menschen, die sich aber ausschließlich via Internet via über den Weltenlauf informieren, neigen dazu, sich stets mit denselben Themen auseinanderzusetzen und den Rest auszublenden.
weiterlesenAuf dem Highway ist die Hölle los. Schuld daran sind ein paar Wiener Ampelmännchen. Und Frauchen. Diese sind nämlich schwul, halten Händchen und regeln für ein paar Wochen den Verkehr. Wien will so im Fahrwasser von Life Ball und Song Contest Haltung zeigen. Grünes Licht für Toleranz sozusagen. Man kann die Aktion auf zweierlei Arten lesen: Als mutiges Zeichen oder als hübschen Gag.
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Conchita Wurst ist eine Sängerin. Sängerinnen wiederum, das weiß der popkulturelle Fachmann, singen. Und zwar zum Großteil Worte. Weil Conchita Wurst die Alleinschuld daran trägt, dass der Song Contest heuer in meiner Hood ausgetragen wird, dachte ich, es wäre der Volksbildung doch nicht abträglich, wenn ich im Vorfeld des beklagenswerten Ereignisses die Worte der vermeintlichen Dame fachmännisch nach Gehalt abklöpfe. Also besorgte ich mir die einschlägigen Textblätter und klopfte los.
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Es gibt viele gute Definitionen von Pop. Eine der schönsten stammt, wie ich finde, von mir: Pop ist ein Versprechen, bei dem es eigentlich gar nicht um Musik geht. Der Song Contest oder Grand Prix Eurovision de la Chanson hat zwar wenig mit Pop, dafür umso mehr mit Musik zu tun. Mit meist schlechter, manchmal sogar sehr schlechter Musik. Trotzdem teilen Song Contest und Pop ein Schicksal. Beide haben harte Jahre hinter sich. Doch während Pop sich scheinbar selbst aufaß, bewahrte den Songcontest bisher die eigene Ungenießbarkeit vorm Auto-Kannibalismus. Bange fragt man sich trotzdem: Wie konnte es so weit kommen?
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In letzter Zeit mal versucht ein Buch zu lesen? Und? Lassen Sie mich raten. Nach spätestens 50 Seiten haben Sie es entnervt weggelegt. Im Regal, gleich neben den anderen angebrochenen Wälzern, fristet es nun eine passiv aggressive Existenz als papiergewordener Vorwurf und hält einer Klimaanlage gleich die Betriebstemperatur des schlechten Gewissens unangenehm über der Wahrnehmungsgrenze. Grämen Sie sich nicht. Sie sind nicht allein. Vielen Menschen geht es wie Ihnen. Das Stichwort heißt Aufmerksamkeitsspanne. Oder besser: Verlust derselben. Ich erkläre es Ihnen. Und zwar in aller gebotenen Kürze. Sind sie noch da? Okay, ich beeile mich.
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Unlängst verschlug es mich zu fortgeschrittener Stunde auf eine Festivität, bei der alkoholische Erfrischungsgetränke ausgeschenkt und rhythmische Musikstücke aus der Konserve gespielt wurden. Das Gros der Gäste war zwischen 20 und 27 Jahre alt, also sehr jung, freundlich aussehend und würde sich selbst wohl als kulturinteressiert und politisch unscharf als „linksliberal“ bezeichnen. Sie mögen Bioläden und Wochenendtrips. Außerdem finden sie Toleranz und Gerechtigkeit ziemlich gut. Wahrscheinlich wählen 90 Prozent grün. Eine typische Abendveranstaltung an einem Freitag der mittleren Zehnerjahre in einer Großstadt irgendwo in Europa. Und dennoch: Nach einiger Zeit beschlich mich ein seltsames Gefühl: Hier stimmte doch etwas nicht.
weiterlesenMag. Wolfgang Zechner
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