Seit es das Internet gibt, schwindet die Zahl der Zeitungsleser kontinuierlich. So weit, so bekannt. Der Verzicht auf das bedruckte Papier drückt aber auch auf den Horizont des Lesers. Das behaupten zumindest Experten. Die Argumentation der fortschrittsskeptischen Medientheoretiker geht so: Wer eine Zeitung durchblättert, bekommt eine Kessel Buntes serviert. So wird er mehr oder weniger unfreiwillig mit Themen konfrontiert, die nicht unbedingt seinen Kerninteressen entsprechen. Menschen, die sich aber ausschließlich via Internet via über den Weltenlauf informieren, neigen dazu, sich stets mit denselben Themen auseinanderzusetzen und den Rest auszublenden.
weiterlesenAuf dem Highway ist die Hölle los. Schuld daran sind ein paar Wiener Ampelmännchen. Und Frauchen. Diese sind nämlich schwul, halten Händchen und regeln für ein paar Wochen den Verkehr. Wien will so im Fahrwasser von Life Ball und Song Contest Haltung zeigen. Grünes Licht für Toleranz sozusagen. Man kann die Aktion auf zweierlei Arten lesen: Als mutiges Zeichen oder als hübschen Gag.
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Conchita Wurst ist eine Sängerin. Sängerinnen wiederum, das weiß der popkulturelle Fachmann, singen. Und zwar zum Großteil Worte. Weil Conchita Wurst die Alleinschuld daran trägt, dass der Song Contest heuer in meiner Hood ausgetragen wird, dachte ich, es wäre der Volksbildung doch nicht abträglich, wenn ich im Vorfeld des beklagenswerten Ereignisses die Worte der vermeintlichen Dame fachmännisch nach Gehalt abklöpfe. Also besorgte ich mir die einschlägigen Textblätter und klopfte los.
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Es gibt viele gute Definitionen von Pop. Eine der schönsten stammt, wie ich finde, von mir: Pop ist ein Versprechen, bei dem es eigentlich gar nicht um Musik geht. Der Song Contest oder Grand Prix Eurovision de la Chanson hat zwar wenig mit Pop, dafür umso mehr mit Musik zu tun. Mit meist schlechter, manchmal sogar sehr schlechter Musik. Trotzdem teilen Song Contest und Pop ein Schicksal. Beide haben harte Jahre hinter sich. Doch während Pop sich scheinbar selbst aufaß, bewahrte den Songcontest bisher die eigene Ungenießbarkeit vorm Auto-Kannibalismus. Bange fragt man sich trotzdem: Wie konnte es so weit kommen?
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In letzter Zeit mal versucht ein Buch zu lesen? Und? Lassen Sie mich raten. Nach spätestens 50 Seiten haben Sie es entnervt weggelegt. Im Regal, gleich neben den anderen angebrochenen Wälzern, fristet es nun eine passiv aggressive Existenz als papiergewordener Vorwurf und hält einer Klimaanlage gleich die Betriebstemperatur des schlechten Gewissens unangenehm über der Wahrnehmungsgrenze. Grämen Sie sich nicht. Sie sind nicht allein. Vielen Menschen geht es wie Ihnen. Das Stichwort heißt Aufmerksamkeitsspanne. Oder besser: Verlust derselben. Ich erkläre es Ihnen. Und zwar in aller gebotenen Kürze. Sind sie noch da? Okay, ich beeile mich.
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Unlängst verschlug es mich zu fortgeschrittener Stunde auf eine Festivität, bei der alkoholische Erfrischungsgetränke ausgeschenkt und rhythmische Musikstücke aus der Konserve gespielt wurden. Das Gros der Gäste war zwischen 20 und 27 Jahre alt, also sehr jung, freundlich aussehend und würde sich selbst wohl als kulturinteressiert und politisch unscharf als „linksliberal“ bezeichnen. Sie mögen Bioläden und Wochenendtrips. Außerdem finden sie Toleranz und Gerechtigkeit ziemlich gut. Wahrscheinlich wählen 90 Prozent grün. Eine typische Abendveranstaltung an einem Freitag der mittleren Zehnerjahre in einer Großstadt irgendwo in Europa. Und dennoch: Nach einiger Zeit beschlich mich ein seltsames Gefühl: Hier stimmte doch etwas nicht.
weiterlesenDass es mich gibt, ist relativ wahrscheinlich. Zumindest bin ich mir darüber ziemlich sicher. Für Sie, liebe Leserschaft, ist das schon weniger klar. Sie müssen mir einfach vertrauen. Obwohl: In letzter Konsequenz kann ich nicht ausschließen, dass ich gar nicht ich bin. Vielleicht bin ich ja nur ein Gehirn in einer Nährlösung, das in einem Labor steht und dem Irrtum unterliegt, ich zu sein. Oder vielleicht bin ich eine künstliche Intelligenz, die von skrupellosen Kybernetikern darauf programmiert wurde, das Bewusstsein des echten Wolfgang Zechners zu simulieren. Weiß man’s? Möglicherweise ist die ganze Welt eine Fälschung. Vielleicht sind Sie alle gar nicht real und mein angebliches Ich schreibt diesen Text vergebens für niemanden. Warum ich Ihnen diesen metaphysischen Kram erzähle? Weil derzeit die angeblich existierende Öffentlichkeit eine Frage besonders kontrovers diskutiert: Was ist eigentlich real?
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Ich schreibe am liebsten so, wie ich reise: in einem Zug. Weil ich gerade in einem solchen von Salzburg nach Wien fahre, habe ich Zeit für die Kontemplation. Unter Ausschaltung allen Wollens versinke ich im gut gepolsterten Sitzplatz, blicke auf die vorbeigleitende Landschaft und höre mir beim Denken zu. Das Gute am Denken ist ja, dass es keinen Lärm macht. Und so lausche ich meinem Gehirn, wie es lautlos interessante Gedanken formuliert: Sei gebannt, du öde Kurtisanin Aktualität, schimpft es. Mach Dich aus dem Staub, außenpolitischen Tristesse! Weichet ihr langweiligen Büromenschen-Themen! Ich pfeife auf Euch und schreibe lieber über irgendwas. Etwa übers Zugfahren. Also greife ich in meine Reisetasche, ziehe meinen elektronischen Schreibbehelf heraus, klappe ihn auf und beginne zu tippen.
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Piloten sind eigentlich unnötig. Gibt es einen schöneren Einstiegssatz? Wahrscheinlich nicht. Und es kommt noch besser: Diesen Satz habe ich tatsächlich mal in einem Gespräch zu hören bekommen. Noch dazu von jemanden, der es wissen muss. Konkret kam er zu fortgeschrittener Stunde dem Kapitän einer großen europäischen Airline über die Lippen. Der ketzerische Luftfahrtoffizier versicherte mir, dass eine Passagiermaschine heutzutage problemlos vom Bordcomputer gestartet, geflogen und auch wieder sicher gelandet werden kann. Der einzige Grund, warum man immer noch uniformierte Humanoide vor den Steuerknüppel setze, sei jener, dass den chronisch verunsicherten Passagieren der Gedanke an eine künstliche Pilotenintelligenz nicht zumutbar sei.
weiterlesenMag. Wolfgang Zechner
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