Nach einwöchigem Nachsinnen und Kontemplieren, darf ich ein endgültiges Urteil in der Causa Hyäne Fischer fällen. Der Song „Im Rausch der Zeit“ ist die beste österreichische Pop-Produktion seit vielen Jahren. Hier stimmt ziemlich viel. Erstmal der Name. Hyäne Fischer. An dieser Stelle soll sich die Leserschaft das Orson Welles-Slow-Clap-GIF dazudenken. Zweitens ist es ein sehr guter, treibender Pop-Song, der seine Karten nicht gleich auf den Tisch knallt und trotzdem stets stramm nach vorne marschiert. Apropos Marschmusik: Die Ästhetik ist – no na! – Laibach. Genauer: Laibach in ihrer Opus Dei-Phase. (Wer es nicht kennt: Einfach mal „Laibach life is life“ googeln) Das kann man als den xten Aufguss des alten Pop-Taschenspielertricks „Subversion durch Affirmation“ beklagen, muss man aber nicht. Als großer Bewunderer des musikalischen Arms der Neuen Slowenischen Kunst kann ich das nicht schlecht finden. Denn gut kopiert ist immer noch besser als schlecht erfunden. Zudem wird die Eva Braun-Ästhetik im Video ziemlich schlau überhöht und durchbrochen, etwa wenn die Künstlerin im Video kurz aufs Smartphone blickt. Dann zwinkert das goldene Matriarchat dem Publikum spitzbübisch zu.
Zurück zum Song selbst. Am meisten begeistern mich die Lyrics. Sie überhöhen die Schablonenhaftigkeit des deutschen Schlagers geschickt ins Abstrakte und erschaffen so Bilder, die viel Raum für Interpretationen lassen. Um was geht es hier eigentlich? Zum Glück wird nichts aufgelöst oder erklärt. Dazu passt auch die fehlende Greifbarkeit des gesamten Projekts. Nichts genaueres weiß man bis jetzt. Man sagt, das ganze sei im Umfeld der Burschenschaft Hysteria entstanden. Es heißt, die Sängerin sei 24 und komme angeblich aus Wiener Neustadt. Dem Vernehmen nach arbeitet sie sogar ehrenamtlich für den Tierschutzverband. Aha, sehr interessant. Hier hat jemand die Strategien der großen Pop-Prankster KLF genau studiert. Bonuspunkte verteile ich weil der Song bis dato weder auf Apple Music noch auf Spotify zu finden ist – zumindest zum Zeitpunkt der Niederschrift dieser Zeilen.
Ein Manko gibt es leider auch. Nämlich dass der Songcontest das Ziel ist. Das ist aber weniger eine Kritik an der Bardin, sondern am Songcontest selbst. Dieser ist nämlich für die Würste, wie man in Österreich so schön sagt. Irgendwann in den 90er-Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde das hüftsteife Spektakel mit dem Gift der Ironie injiziert. Die Folgen waren verheerend. Die incredibly strange Tante Song Contest mutiert zu einer schnapstrinkenden Ulknudel, die seither im Leopardenmini zu lautem Kirmestechno die Großraumdisko vollkotzt.
Hyäne Fischer, diese Sphinx ohne Rätsel, ist für dieses Elend zu schlau konstruiert. Und trotzdem ist sie der richtige Act zur rechten Zeit. Mein Ritterschlag ist dem Burgfräulein gewiss.