Vor einigen Tagen erreichte mich eine erstaunliche Leserzuschrift. Ein junger Mann berichtete mir davon, dass er einen alten Text von mir, nämlich „Anglizismen? Yes, please!“, zum Abitur analysieren musste. Außerdem wollte er von mir wissen, wie lange es dauert, bis ich „einen Text von dieser Qualität“ zu Papier bringe. Ob von dieser guten oder dieser schlechten Qualität, ließ der Frischgeprüfte offen. Ich antworte freundlich, wie es meinem Wesen entspricht, auch auf die Gefahr hin, hier in eine Falle zu tappen, die mir möglicherweise jemand aus meinem genauso listigen wie lustigen Umfeld gestellt hat. Gehen wir mal von der kuriosen Annahme aus, dass diese Mail authentisch ist. Dann stellt sich schon eine Frage: Was zum Henker wird heutzutage eigentlich an unseren Schulen unterrichtet? Dass Heranwachsende im Jahr 2018 mit meinem Frühwerk behelligt und damit sogar reifegeprüft werden, irritiert und erfreut mich trotzdem zu gleichen Teilen. Ich bin endlich Teil des staatlich verordneten Bildungskanons und nehme meinen verdienten Platz an der Seite von Goethe, von Schiller, von Kafka, neben dem Satz des Pythagoras, den Mendelschen Regeln und dem Fall der Berliner Mauer ein. Das schönste daran: Bis ans Ende ihres irdischen Aufenthalts werde ich die Prüflinge fortan in wiederkehrenden Verdammt-ich-habe-die Abiturfragen-vergessen-Albträumen heimsuchen. Mehr kann man beim besten Willen nicht erreichen.