Am Ende des Tages
Ich weiß nicht mehr genau wann die verbale Unpässlichkeit „am Ende des Tages“ die Managementsprache befallen hat. Es dürfte aber irgendwann zu Beginn dieses Jahrtausends passiert sein, also in jenen Jahren der Angst, als noch hinter jeder Ecke das Schwere Akute Respiratorische Syndrom oder die Vogelgrippe lauerten. Während SARS und Vogelgrippe bald wieder öffentlichkeitsunwirksam abheilten, hält sich „am Ende des Tages“ hartnäckig. Infizierte Manager, Politiker und Marketing-Manager können nicht anders und müssen seither jede noch so banale Aussage mit dem gravitätisch klingenden aber belang- und sinnlosen Zusatz „am Ende des Tages“ versehen. Beispiel gefällig? „Am Ende des Tages zählen Leistungen und Zahlen.“ Wirklich? Zählen im Morgengrauen andere Dinge? Etwa Faulheit und Buchstaben? Am Ende des Tages bedeutet 23.59 Uhr. Und nichts anderes. Also: Wer ständig „am Ende des Tages“ sagt, will seine seichten Botschaften mit Bedeutung schwängern und legt doch nur ein beredtes Zeugnis von der eigenen verbalen Zeugungsunfähigkeit ab.
Zeitnah
Wenn wir schon bei temporalen Sprachverwerfungen sind. Immer öfter hört und liest man das merkwürdige Wort „zeitnah“. Gerade Politiker fordern gerne „zeitnahe Lösungen“ oder „zeitnahe Umsetzungen“. Sofort stellt sich eine Frage: Wie nah ist zeitnah? Die etwas unbefriedigende Antwort: Nicht sehr nah. Zeitnah ist nämlich ein klassisches Verschleierungswort, das Aktivität, Geschwindigkeit und Entschlossenheit vortäuscht. Wer aber von einer zeitnahe Erledigung spricht, nennt aus gutem Grund keinen genauen Termin. Denn er meint eigentlich „bald“, und zwar im Sinne von „nicht jetzt“ und „irgendwann einmal sicher“. Die lange Bank „zeitnah“ ist ein Begriff mit aufschiebender Wirkung. Sozusagen die Wort gewordene Prokrastination.
Roadmap
Kaum ein anderer Bullshit-Begriff wurde in den vergangenen zehn Jahren derart steil nach unten durchgereicht, wie jener von der Roadmap. Wurden zu Beginn des 21. Jahrhunderts noch Roadmaps erstellt, deren Ziel die Errichtung eines dauerhaften Friedens in Nahost waren, so steht heute am Ende der Roadmap die Einführung einer fettarmen Fruchtjoghurtsorte oder einer neuer Smartphone-Generation. Seit Marketingabteilungen den Begriff Roadmap für sich entdeckt haben, gibt es kein Halten mehr. Raus mit den Begriffen „Strategie“ oder „Projektplan“ und rein mit der Roadmap. Denn vielleicht, so der geheime Wunsch der Erzeuger von Lifestyle-Produkten, strahlt der Glanz der internationalen Krisendiplomatie auf die eigene, wenig glamouröse Arbeit ab.
Service wird bei uns groß geschrieben
Das liest man und denkt sich: Nicht nur bei Euch. Das Substantiv Service wird auch überall sonst, wo man der deutschen Sprache halbwegs mächtig ist, groß geschrieben. File under: Sprachliche Intelligenzverweigerung aus dem unterwürfigen Dunstkreis von „Bei uns bekommen Sie alles aus einer Hand“, „Die Bedürfnisse unserer Kunden stehen bei uns im Mittelpunkt“ oder „Wir verstehen uns als modernes Dienstleistungsunternehmen“.